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  • AutorenbildAlessia Büchel

Grenztheater

Aktualisiert: 12. Apr. 2021

Wer immer noch sehnsüchtig auf die süssen Pinguinfotos wartet, wird spätestens jetzt enttäuscht. Unser nächster Stopp heisst nämlich nicht Patagonien, sondern Nicaragua. Während das PCR Testprozedere in Guatemala unkompliziert und höchst professionell vonstatten ging, bereitete uns die Reise selber schon ein wenig mehr Bauchschmerzen. Zum ersten Mal auf unserer Weltreise können wir auf dem Landweg in ein anderes Land reisen, was uns einerseits ein Haufen Geld erspart, andererseits auch einiges an Planung erfordert. Obwohl auf der Webseite des Busunternehmens "Transporte del Sol" von täglichen Fahrten von Guatemala nach Nicaragua die Rede war, habe ich mir angewöhnt, solche Sachen immer doppelt, wenn nicht dreifach zu überprüfen. Auch per Email versicherte mir ein Angestellter, dass jeden Tag um 3 Uhr morgens ein Bus nach Managua fährt und man die Tickets ganz einfach online buchen kann. So wählte ich also das Ticket aus, betätigte die Zahlung, buchte die Hotels, reservierte den PCR Testtermin und wollte mich gerade an die Buchung des Fluges von Managua nach Corn Island machen, als ich eine Nachricht vom Transportunternehmen bekam, dass der Bus an diesem Tag nicht fahren wird. Verwirrt und richtig wütend leitete ich die vorherige Nachricht weiter, in der mir ein anderer Mitarbeiter versichert hatte, dass sie täglich operieren. Als Antwort bekam ich: "Wir wussten nicht, dass du ausgerechnet am 2. April reisen möchtest". Oh ja wie dumm von mir, wie konnte ich nur davon ausgehen, dass wenn man jeden Tag fährt auch am 2.April gefahren wird. "Jetzt einfach tief ein- und ausatmen", dachte ich mir. Obwohl ich natürlich auf 180 war, riss ich mich zusammen und bat den Mitarbeiter ganz höflich mir einen anderen Tag vorzuschlagen und wies ihm durch die Blume daraufhin, dass es eventuell sinnvoll wäre auf der Webseite oder spätestens im Emailverkehr die Ausnahmedaten zu vermerken. Obwohl ich stark bezweifle, dass mein Vorschlag verstanden, geschweige denn umgesetzt wurde, habe ich es zumindest versucht und kann das Thema somit abhaken.

Nachdem ich die Sitzplatzbestätigung für den 1.April hatte, die drei Hotel umgebucht, den Testtermin verschoben und den Flug auf die Inseln gebucht hatte, informierte ich mich im Internet über die Einreisebestimmungen. Da uns drei Grenzübertritte bevorstanden, hiess das natürlich auch dreimal so viele Formulare ausfüllen und Bestimmungen durchlesen. Obwohl ich mir es nach 7 Monate Lateinamerika eigentlich gewohnt bin, überrascht es mich doch tatsächlich immer wieder, dass es die einzelnen Ländern einfach nicht auf die Reihe kriegen, neben einem spanischen Formular auch ein englische Version zur Verfügung zustellen. Dies wäre bestimmt eine Erleichterung für Millionen von Menschen, aber naja ist ja nur wieder einmal ein Ratschlag meiner bescheidenen Wenigkeit. Schlussendlich hatte ich alle Dokumente, bis auf eine Bestätigung der nicaraguanischen Einreisebehörde, beisammen. Anscheinend hätte man mindestens eine Woche vor Einreise ein Dokument ausdrucken, handschriftlich ausfüllen und einreichen müssen. Blöd nur, dass wir letzte Woche noch gar nicht wussten, dass wir dorthin reisen wollen.

Schon ziemlich nervös wegen der vielen Grenzübertritten und der langen Fahrt, standen wir überpünktlich bei der Busstation. Die Mitarbeiter waren natürlich alles andere als "amused", als ihnen der fehlende Fackel in unseren Unterlagen auffiel. Nichtsdestotrotz liess man uns nach einer langen Diskussion mit Händen, Füssen und Google Übersetzer einsteigen und schon dort überkam mich ein Gefühl von Mitleid für unsere Mitreisenden. Denn zwei Reisende mit fehlenden Dokumenten und einem exotischen Pass, das ruft schon förmlich nach langen Wartezeiten an den Grenzübergängen. Der Bus selber machte aber einen ziemlich guten Eindruck. Breite Sitze, genügend Beinfreiheit und als Krönung gab es sogar gratis Frühstück, Mittagessen, Getränke und einen Snack serviert, so wie im Flieger.




Wie bereits angenommen, stand man wegen uns an der Grenze Guatemala - El Salvador und auch beim Übergang El Salvador - Honduras knapp 1,5 h. Während die 3 anderen Reisenden nach 5 bis 10 Minuten Grenzprozedere und Temperaturenchecks wieder im Bus waren, schlugen wir uns mit Erklärungen wie " Es un pais muy pequeño" und "no, no es Alemania, es un pais independiente" herum. Gratistipp für zukünftige lateinamerikanische Reisen: Wikipediaartikel von Liechtenstein auf spanisch ausdrucken und in den Pass legen.

Doch der eigentliche bauchschmerzenbereitende Grenzübertritt stand uns noch bevor. Auf Grund der fehlenden Bestätigung der nicaraguanischen Einreisebehörde, hatten wir schon ein wenig Panik, dass man uns dann einfach an der Grenze stehenlässt und wir selber schauen müssen wie es weitergeht. Dass nicht dieses Dokument sondern etwas anderes zu einem zweistündigen Grenzaufenthalt führte, ahnten wir bis dato noch nicht. Erst als ein Beamter den Bus betrat und uns aufforderte alle Gepäcksstücke mitzunehmen und zum Scanner zu bringen, wurde uns bewusst, dass Michaels Drohne zu einem Problem werden könnte. Obwohl wir wussten, dass das Einführen einer Drohne nach Nicaragua nicht erlaubt ist, haben wir "wellsgott" nicht damit gerechnet, dass man auch bei einer Überlandreise die Gepäcksstücke kontrolliert. Heimlich entnahm Michael der Drohne noch den Akku, in der Hoffnung man erkenne sie im Scanner nicht so gut. Doch der Plan ging nicht wirklich auf. Der Zollbeamte forderte Michael auf, seinen Rucksack auf den Tisch zulegen und fragte ihn, ob er eine Drohne mit sich führte. Mir haute es fast den Nuggi raus, als Michael dies ohne mit der Wimpern zu zucken verneinte. Natürlich blieb es nicht nur bei der Frage und Michael musste seinen Rucksack Stück für Stück ausräumen. Elegant versucht er die Drohnentasche unter den Kleidungssack, welcher bereits auf dem Tisch lag, zu schieben, doch dem Zollbeamten entging dieser, doch sehr auffälliger Schmuggelversuch natürlich nicht. Auf die Frage, wieso dass er vorhin gelogen hatte, meinte Michael nur: "Oh this is a drohne?! I totally forgot about this one, because it's broken." Eventuell sollte ich es ein wenig beunruhigend finden, einen Freund zu haben, der ohne rot zu werden so lügen kann, doch in diesem Moment war ich einfach froh, dass er so glaubhaft rüberkam. Ein zweiter Zollbeamte kam dazu und forderte uns auf die Drohne mitzunehmen und ihm zu folgen. Wir verliessen das Gebäude und ich kramte schon in meinem Rucksack herum, auf der Suche nach ein paar Dollarscheinen. Doch da wir nicht wie vermutet hinter das Gebäude, sondern zu einem anderen Gebäude liefen, traute ich mich noch nicht das Geld hervorzunehmen. Denn schmuggeln und Grenzübertritt ohne gültigen Papiere reicht fürs erste, da muss Bestechungsversuch nicht unbedingt auch noch in unserer Akte auftauchen. Da die Englischkenntnisse des Zollbeamten noch bescheidener waren als unser Spanisch (und das heisst was), versuchte Michael ihm mit Händen und Füssen klar zumachen, dass seine Drohne wirklich kaputt ist. Er demontierte die Propeller und wollte sie dem Beamten in die Hände drücken. Dieser hingegen forderte Michael auf, sie in der Hosentasche verschwinden zu lassen. Dann nahm er die propellerlose Drohne an sich und verschwand im Büro. Gespannt was nun passiert und ob der Bus auf uns warten wird, standen wir herum und konnten durch die Glasscheiben hinter meterhohen Papierstapel dem Beamten beim herumtippen auf dem Computer beobachten. Nach zwanzig Minuten kam er dann endlich mit der Drohne und einem Dokument aus der Tür gestürmt. Wirklich Zeit zum Durchlesen liess man uns nicht und so unterschrieb Michael einfach mal, in der Hoffnung es ist was Gutes. Und in der Tat. Der Beamte drückte uns die Drohne in die Hand und wir waren frei. Michael ist nun stolzer Besitzer einer offiziellen Erklärung, dass seine Drohne stark beschädigt ist und er sie in Nicaragua ein- und ausführen darf. Unglaublich, da hatte wir aber auch mehr Glück als Verstand!



Anmerkung: Die Bestätigung der nicaraguanischen Einreisebehörde haben wir bis heute nicht bekommen.




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